Samstag, 4. Dezember 2010

Bemerkungen zu Helmar Pardun / RF Meyer


Ein kurzer Kommentar zu den Ausführungen des SOLO-Antiquars (so selbstgenannt) Helmer Parduns in dessen Blog unter dem Titel
"Neue Diskussion im 'Zeichen' der Zeit, der zugleich eine Antwort auf RF Meyers Beitrag Il faut cultiver notre jardin ist. - Cultiver notre jardin: und das im Winter! Kollege Meyer, man merkt doch gleich, daß Sie nicht vom Lande stammen und noch nie den salzigen Schweiß der Gerechten auf die heimische Krume tropfen sahen!


Nun aber mein Kommentar, der für das Kommentarfeld unter Helmer Parduns Aufsatz etwas zu lang war:


Lieber Herr Pardun,

das mit der "richtigen" Kommunikation ist so eine Sache, zumal wenn sie als Antagonismus zum Festhalten an "einem System mit alten Signaturen" sich versteht. Ich muß da sofort an den unsäglich verkürzten Kommunikatiosnbegriff von J. Habermas denken, der durch dessen frühere Schriften zur Psychotherapie und Hermeneutik geistert: Der Therapeut erklärt dem kranken Patienten dessen spezifische Art von Fehlkommunikation / Fehlverständnis und bringt durch diese Korrektur Gesundung via kommunikativen Konsenses. Sie sehen leicht die Gefahren dieser neuen Kommunikationsform, die an die Stelle alter Signaturen autoritativ und unbegründet etwas setzen könnte, was wir alle noch viel weniger wollen, z.B. (nur EIN Beispiel) die Auflösung des "Zeichensammenhanges" Alten Buches, indem man es zum Objekt einer Art neuer Eventkultur umdefiniert. Die alten Signaturen aufzugeben hieße in diesem Sinne, das Objekt der Begierde in einem Wertschöpfungspossenspiel und -tempel zu vermauern.

Wenn man die "richtige" Kommunikationsweise nicht so radikal deutet, wie ich das gehässigerweise eben getan habe, bliebe allerdings noch etwas anderes übrig, von dem ich aber meine, das es schön längst stattfindet: Viele Kollegen, die mit "besserer", vulgo antiquarischer Ware handelt, betreuen einen gewissen Kreis von Stammkunden, der einen hohen Aufwand an Kommunikation erfordert, bereits sehr erfolgreich. Manche Kollegen halten Lesungen und Vorträge (sogar vor Landfrauen in der Lüneburger Heide, die sich rotgesichtig-rustikal auf manches Literarisch-Buchkundliche einlassen, was den traditionellen Antiquar erstaunen würde) und verbinden das mit einer Art kultureller Leuchtturmfunktion. Hausbesuche gehören mit zum Repertoire, Arbeit in Kulturvereinen usw. - Ich darf Ihnen verraten, daß meine besten Kunden keineswegs aus dem Bildungsbürgertum stammen, sondern zunächst recht buchfern waren und sich auf den Erwerb Alter Drucke teilweise nur deswegen einließen, weil sie ausführlich dabei von mir beraten und auch inhaltlich "geführt" worden sind. Dazu gehört etwa auch die "Bauaufsicht" beim Einrichten einer Bibliothek mit Möbeln und Accessoires - man kann darüber lachen; wenn man mit den Kollegen abends sich unterhält, hört man eine Vielzahl solcher Geschichten, von denen man glaubte, sie seien nur einem selbst passiert. Viele Kunden, die begeistert später kaufen, konnten sich zu Beginn ihrer Sammlerlaufbahn gar nicht vorstellen, daß man 400 Jahre alter Bücher überhaupt habhaft werden könne - ich weiß nicht, wie oft ich in diesem Zusammenhang über den Film "Der Name der Rose" debattiert habe und den Interessenten zeigen konnte, daß die Welt alter Klöster und Schlösser ihnen nicht gänzlich verborgen bleiben müsse. Gerade die klischeehafte Überformung verlangt aber die Rückbesinnung und Rückführung auf die "Alten Signaturen", um nicht zur Walt-Disney-Welt zu verkommen.

Fazit: Kommunikation und Kundeneinbindung findet in vielen Fällen im Handel (wenn auch nicht sehr öffentlich) bereits statt; und sie steht nicht im Gegensatz zur "alten Signaturenlehre", sondern ergänzt diese in pragmatischer Hinsicht. Nur darf es nie so weit gehen, die heiligsten Dinge auf niedrigen Opferaltären zur Unkenntlichkeit zu zerreiben, wie's wohl oft genug im Handel geschehen mag (ich könnte da einiges...!...!?!!....!!!!!)

Beste Grüße Ihr OW Plocher

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